Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen
ist derselbe Unterschied wie zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen.
Marc Twain
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegt unsere Entscheidung und unsere Freiheit.“
Im Internet und diversen Texten findet man dieses Zitat sehr oft und häufig wird es Viktor Frankl zugeschrieben. Viele, die den Namen Viktor Frankl lesen, vertrauen diesem Gedanken und nehmen ihn ernst. Wer nicht die Zeit hat, genau hinzuschauen, findet darin das schnelle Rezept um an seiner Reaktion zu arbeiten. Diese Reduktion auf den Reiz-Reaktion-Raum ist derzeit beliebt und signalisiert dem Menschen eine neue Form von „autonomer Schuld“. Da Autonomie samt Wohlbefinden heute großgeschrieben wird und jedem möglich sei, wenn er sich an die verordnete Reduktion hält, ist er auch selbst schuld, wenn ihn ein Reiz verletzt. Allerdings verlernt man dabei zu unterscheiden. Zwischen Reiz und Schmerz gibt es einen wesentlichen Unterschied.
Es ist ein sehr großer Unterschied im Schmerzempfinden, ob ich mich mit einer Nadel stupfe, oder mit einem Messer tief in den Finger schneide. Ob ich mich ärgere, weil mir ein Glas aus der Hand fällt und die Scherben am Boden liegen, liegt an mir. Bin ich traurig, weil ich etwas Wertvolles nicht mehr mit Menschen, die mir am Herzen liegen, teilen kann, empfinde ich dieses unausweichliche Unbehagen und dies lässt sich nicht auf Knopfdruck löschen.
Im Einheitsbrei der Reize verlieren wir den Blick auf das Wesentliche: Auf die Freude und die Trauer, auf die Fröhlichkeit und den Schmerz.

Auf der Homepage des Viktor Frankl Instituts findet sich auch ein Hinweis mit einer Erklärung.
In unserem Verein haben wir uns ausgetauscht und noch einmal nach dem Original des „Reiz-Reaktion-Zitat“ gesucht. In den Büchern von Viktor Frankl haben wir es nicht gefunden.
Dann haben wir die Künstliche Intelligenz befragt.
Hier ist die Antwort der KI:
• Es gibt keine nachgewiesene Quelle, in der Frankl diesen Wortlaut exakt verwendet.
• Die Formulierung wurde vermutlich paraphrasiert oder popularisiert, möglicherweise sogar von späteren Autoren wie Stephen R. Covey (z. B. in The 7 Habits of Highly Effective People, wo er Frankl zitiert oder interpretiert).
dann müssen wir unterscheiden lernen,
was wesentlich ist und was nicht,
was Sinn hat und was nicht,
was sich verantworten lässt und was nicht.
Wir brauchen einen Raum, in dem wir uns Zeit nehmen gründlich nachzudenken, ohne sofort nach einer schnellen Lösung oder einem Ergebnis zu suchen. Wer sich den Texten von Viktor Frankl widmet, entdeckt für sich immer wieder neue Erkenntnisse und diese erfordern Zeit und keine schnellen Reaktionen.
Wesentlich ist nicht nur unsere Unterscheidungsfähigkeit, sondern auch das Bewusstmachen einer Gedankenlosigkeit, die Hochsaison hat und dem Zeitgeist dient. Vermutlich war das schon immer so. Man verwendet Begriffe und tut so als ob man sie versteht. Wir werden durch Medien und Werbung mit einem Vokabular konfrontiert, in welchem anspruchsvolle Forderungen zur Eigenständigkeit mitschwingen, ohne dass sie uns sofort bewusst werden.
Die Begriffe selbstbestimmt leben, flexibel sein, selbstorganisiert und offen sein signalisieren auf den ersten Blick, dass wir gemeint sind und es selbst in der Hand haben, ob unser Leben gelingt oder nicht. Wagen wir das genaue Hinschauen, entdecken wir einen ständigen Katalog an Forderungen, die wir zu erfüllen haben. Viel zu oft vergessen wir darauf, dass wir manche Rahmenbedingungen nicht ändern können. Wir können sie jedoch gestalten.
meine eigene Zukunft und mit ihr die Zukunft der Dinge,
der Menschen um mich,
irgendwie – wenn auch in noch so geringem Maße – abhängig ist von meiner Entscheidung in jedem Augenblick. Was ich durch sie verwirkliche, in die Welt schaffe,
das rette ich in die Wirklichkeit hinein
und bewahre es so vor der Vergänglichkeit.“
Wir haben auch im Viktor Frankl Institut in Wien bei Univ. Prof. Dr. Alxander Batthyany nachgefragt und erhielten eine so klare Anwort und diese teilen wir gerne:
„Letztlich sind wir als Menschen ja nicht auf bloßes Reagieren (ob mit oder ohne Denkpause) reduziert, sondern wir agieren, wir gestalten, wir überschreiten.
In der Redeweise solcher Zitate schwingt jedoch implizit ein ganzer Rattenschwanz an Reduktionismus und Psychologismus mit, der das Menschliche auf Reiz-Reaktions-Muster (mit winzigem Freiraum) zusammenschrumpfen lässt.
Gerade deshalb finde ich es wichtig, immer wieder an das zu erinnern, was in solcher Sichtweise unterschlagen wird: dass der Mensch und sein Handeln nicht nur Reaktion auf „Reize“ oder Stimuli und Umstände ist, sondern dass er ihnen auch eine Antwort geben kann – eine Antwort, die mehr ist als ein bloßes differenziertes Echo. Vielleicht ist es genau dieser Unterschied zwischen bloßem Reagieren und bewusstem Handeln, der so oft übersehen wird und der zugleich so entscheidend für unser Verständnis von Freiheit, Verantwortung und Sinn ist.“