Seelennahrung für jeden Tag
Unsere Zeitrechnung basiert auf der Geburt Christi und die Feiertage, die wir in Österreich in Fülle genießen dürfen, haben als Grundlage das Kirchenjahr. Auch wenn dies den meisten nicht bewusst ist, nehmen viele den Beginn der Fastenzeit zum Anlass, auf bestimmte Dinge zu verzichten.
Auf dieser Seite bieten wir Ihnen für die nächsten sechs Wochen einiges, was in den gewohnten Medien eher kein Thema ist.
Wir werden Sie in unserem monatlichen Newsletter aufmerksam machen, dass es dieses Angebot gibt.
Wir freuen uns, wenn Sie auf dieser Seite Anregungen finden, welche Ihre Seele beleben und Ihren Verstand so bereichern, dass Sie selbst auf neue Gedanken kommen.
WOCHE 6
Sinnvolles zum Nachdenken
Der Respekt vor der Größe gehört gewiss zu den besten Eigenschaften der menschlichen Natur.
Aber er soll gegen den Respekt vor den Tatsachen zurücktreten.
Viktor E. Frankl
Respekt und Wertschätzung werden heute in vielen Bereichen nicht nur verlangt, sondern vorausgesetzt. Dabei steht zu oft die Befindlichkeit von einzelnen so im Mittelpunkt, dass der Respekt vor dem Wert, um den es geht, nebensächlich wird. Für etwas Wertvolles eintreten kann in manchen Situationen die Missbilligung oder das Beleidigt-Sein anderer hervorrufen. Ist es nicht möglich, sich über den Wert auszutauschen, dann bleibt man in der Sentimentalität hängen und echte Begeisterung für etwas Wertvolles geht verloren. In der Sentimentalität steht die Befindlichkeit des anderen im Mittelpunkt. In der Begeisterung entsteht die Kraft zum Handeln trotz widriger Umstände.
Es ist eine wesentliche, unerlässliche Qualität der Begeisterung ist es, trotz mangelnder Zustimmung anderer zu einem Wert Ja sagen zu können.
Respekt vor den Tatsachen ist heute nicht beliebt. Eine Tatsache ist, dass wir niemals andere Menschen verändern können, sondern nur ein klein wenig uns selbst. Tatsache ist: Jede und jeder ist auf eigene Weise von anderen abhängig. Niemand von uns könnte ohne andere Menschen leben. Diese Tatsache fordert Respekt. Das Wort Respekt kommt aus dem Lateinischen von „respicere“ und bedeutet: Zurückschauen. Noch einmal hinschauen. Befolgt man den Blick auf Autonomie und Individualität, der seit einigen Jahren propagiert wird, empfinden wohl die meistens, dass sie ihre Autonomie zu wenig gelebt haben.
Es könnte sein, dass für manche das Buch „Dummheit“ von Heidi Kastner lesenswert und befreiend wirkt: „Im Wesentlichen ist das hohle Gerede von Autonomie ein Wunsch nach uneingeschränkter Selbstermächtigung, die sich im sozialen Miteinander immer als unverträglich (und unerträglich) erwiesen hat und daher weder Respekt noch Toleranz verdient hat.“
Fällt das Wort Respekt dauert es nicht lange und die Toleranz kommt mit ins Spiel. Beiden Begriffen tut es gut, wenn wir ihnen ein Fragewort voranstellen: Wovor hast du Respekt? Was tolerierst du? Fragen könnten uns zum Hinschauen anregen und zum Nachdenken.
In unserer Gesellschaft gibt es eine falsche Toleranz, die neben einer erstaunlichen Empathie gegenüber manchen Menschen, nicht frei ist von Leichtgläubigkeit und allzu großer Nachgiebigkeit.
Wir brauchen Zeit, gesunden Menschenverstand und innere Unabhängigkeit, um zu verstehen, was wirklich vor sich geht. Sonst nimmt man alles für bare Münze. Dies führt schlussendlich in das Dilemma, dass man sich nicht mehr für etwas Gutes entscheiden kann, da man sofort das „Nicht-so-Gute“ bedenkt.
In diversen Fragenbögen und Kundenbefragungen wird uns ein Respekt vorgegaukelt, der ausschließlich auf finanzielle Nützlichkeit ausgerichtet ist und nichts mit dem Respekt vor unserem Menschsein zu tun hat. Kennen Sie das? Weil Sie das Unternehmen, von dem Sie befragt werden, schätzen, erklären Sie sich bereit einen Fragebogen zu beantworten. Spätestens bei der fünften Frage bemerken Sie, dass das, was gefragt wird, nur wenig oder gar nichts mit dem zu tun hat, was Sie mitteilen wollen.
Hier könnte ein einfaches Training mit dem Respekt vor sich selbst beginnen. Dies gilt nur für jene, die noch bereit sind bei dem Fragebogen-Ausfüll-Spiel mitzumachen: Nicht mehr ausfüllen und abbrechen.
Machen Sie nicht mehr mit und lassen sie sich nicht alles gefallen lassen, wenn Ihrer Meinung kein Respekt entgegengebracht wird.
„Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ Dieser Gedanke von George Orwell ist als Einladung zum Nachdenken gedacht.
Eine Gedankenreise in die eigene Vergangenheit lohnt sich: „Von welchem Menschen habe ich mir etwas sagen lassen, was heute noch Gültigkeit hat?“ Vermutlich werden Sie entdecken, dass sie einigen Menschen dankbar sein können. Nachdenken ist schon eine gute Sache . . .
Wie groß ist der Respekt vor uns selbst?
Wir können eine Menge essen, ohne dabei Nährstoffe zu uns zu nehmen. Genauso können wir eine Menge Nachrichten konsumieren, ohne tatsächliche Inhalte dabei aufzunehmen. Ja, auch wir wissen, dass wir nicht ständig bewusst leben können. So sehr das Bewusst-Werden mancher Dinge sehr sinnvoll ist, können wir nicht permanent daran denken.
In einem Gespräch mit Franz Kreuzer wurde Viktor Frankl gefragt, was er für das Wesentliche hält: „Das Wesentliche, würde ich sagen, ist das Bewusstmachen von Unbewusstem. Nur müssen wir uns dessen bewusst bleiben, dass letzten Endes wieder ein Unbewusst-Werden folgen muss. Der Mensch muss sich gewisser Dinge bewusst werden, aus Gründen der Heilung, um sie am Schluss wieder hinabsinken zu lassen in die Unbewusstheit, in die Selbstverständlichkeit seiner Lebensvollzüge.“
Viel Freude beim Bewusstmachen und ebenso beim Vergessen dessen.
Wann kann ich jene Meinungsfreiheit leben, die sagt: Meinungsfreiheit heißt, einem zuhören, der nicht das sagt, was ich hören will.
In welchen Situationen oder vor welchen Mensche kann ich dies nicht, weil für mich deren Ansichten und Aussagen unmenschlich und diskriminierend sind.
Manchmal ist es gut zu ahnen, wann man nur zuhört und nichts sagt.
WOCHE 5
Sinnvolles zum Nachdenken
Was not tut, ist, dass wir uns loseisen von einem veralteten Menschenbild,
in dessen Rahmen wir in der Psyche des Menschen einen „Apparat“ und „Mechanismus“ sehen,
beziehungsweise im kranken Menschen etwas,
das wir zu reparieren haben, wie eine Maschine.
Viktor E. Frankl
Wir leben in einer Zeit, in der das technische und funktionale Denken die Einstellung vieler bestimmt. Vor allem im Bereich der Wirtschaft sind Programme beliebt, die eher für Maschinen geeignet sind, die funktionieren sollen und nicht für lebendige Menschen. Wer den Menschen beherrschen will, macht aus ihm eine Maschine, dann ist er kein Mensch mehr. Das Leben und Beziehungen können wir nicht, wie technische Geräte behandeln. Wir sind lebendig und können uns entwickeln und müssen uns nicht optimieren lassen wie eine Maschine.
Der sehr entscheidende Unterschied zwischen Menschen und Maschinen ist unser Empfinden. Unser Empfinden gehört wie unser Verstand zu unserer Fähigkeit, Dinge zu bewerten, deshalb wehren wir uns, wenn man uns etwas befiehlt, was uns sinnlos erscheint. Eine Maschine kann nur tun, was man ihr befiehlt. Dies gilt auch für die Künstliche Intelligenz. Irgendwann hat ein kluger Kopf einen Roboter programmiert, damit er das tut, was man ihm vorschreibt. Die Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine zeigt sich auch, dass wir uns Zeit nehmen können nachzudenken: Niemand muss sich von automatisierten Vorgaben zum Funktionieren zwingen lassen.
Als Menschen können wir wahrnehmen und vor allem können wir empfinden, was uns gut tut und was uns schadet. Diese Unterscheidung kann in manchen Situationen überlebenswichtig sein.
„Was es gibt, ist das Gefühl, an etwas Geheimnisvollem teilzuhaben und mit Gleichaltrigen und Freunden durch unsichtbare Fäden verbunden zu sein – eine schöne Idee und Teil einer positiven Einstellung, die ich den jungen Leuten gerne weitergeben möchte.“ Das schreibt Tiziano Terzani in seinem Buch „Noch eine Runde auf dem Karussell“.
Jedes Kind, jede Frau und jeder Mann trägt etwas Geheimnisvolles in sich. Dieses Geheimnis lässt sich nicht auf Algorithmen reduzieren. Algorithmen mögen im Internet eine eigene Art von Kontrolle über uns Menschen ausüben. Doch der Mensch ist immer mehr als er von sich selbst weiß. Wir alle können beitragen das Geheimnisvolle und Unverfügbare, die Verletzlichkeit und die Freiheit des Menschen zu respektieren und zu schützen.
Und noch eines: eine Maschine kann sich nicht freuen, Menschen schon. Lebensfreude und Begeisterung sind deutliche Zeichen, dass man ins Leben verliebt ist. Würden wir unseren Alltag manchmal bewusster wahrnehmen, hätten wir viele gute Gründe, uns zu freuen: Die ersten Blüten, ein humorvoller Morgengruß von einem lieben Menschen oder ein fröhlicher Abend mit Freunden. „Freude ist erst voll, wenn man sie teilen kann, wenn man sie schenken kann.“ Dieser Gedanke von Ava von Göttweig, ladet uns ein, mit anderen unsere Freude zu teilen.
Wir können uns selbst nicht trösten, wenn wir traurig sind. Am besten können jene Menschen trösten, die Trostlosigkeit selbst erlebt haben. Sie vertrösten nicht, sie beschwichtigen nicht und vor allem wollen sie uns den Schmerz nicht ausreden. Sie helfen uns das, was schwer ist zu akzeptieren. Manchmal wärmt eine Umarmung mehr als viele Worte. Überhaupt ist das Dasein und bei jemandem bleiben oft viel tröstender als viele Worte:
„Wo jedes Wort zu wenig ist, ist jedes Wort zu viel.“ Viktor E. Frankl
Es gibt eine Fülle von Anregungen für ein gelingendes Leben. Die vier „D“ stammen aus einem Interview mit Jürgen Klopp, dem derzeitigen Trainer des FC Liverpool. Es sind lebenswerte „Ds“:
Dankbarkeit, dass man leben darf und Möglichkeiten zur Gestaltung hat.
Demut, dass man nicht alles planen kann und einem vieles zufällt.
Disziplin, dass man sich an bestimmte Regeln hält, vor allem an eigene.
Durchhaltevermögen, dass man nicht aufgibt, wenn es nicht so läuft wie man möchte.
Die fünfte Woche geht zu Ende und sie endet mit einem Gedanken von Ralph Waldo Emerson. Möge er Sie neugierig machen auf sich selbst.
„Was vor uns liegt und was hinter uns liegt, sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was in uns liegt!“
WOCHE 4
Sinnvolles zum Nachdenken
„Die Zeit verfließt . . . aber das Geschehen gerinnt zur Geschichte.
Nichts Geschehenes lässt sich ungeschehen machen – nichts Geschaffenes lässt sich aus der Welt schaffen.
In der Vergangenheit ist nichts unwiederbringlich verloren,
im Vergangensein ist alles unverlierbar geborgen.“
Viktor E. Frankl
Die Gedanken von Viktor Frankl zur Vergangenheit und zum Vergangensein laden auf eine eigene Weise zum Nachdenken ein. Er mutet uns eine realistische Sichtweise auf das vergangene Leben zu. Was ist in meiner Scheune unverlierbar geborgen?
Täglich werden wir geschult auf das zu schauen, was nicht gelungen ist. So ist es verständlich, dass zu viele ihren Blick auf die Mängel und das Fehlerhafte richten. Dabei übersehen wir das Gute, jenes Wertvolle, das uns und anderen gelungen ist.
Lassen Sie sich von sich selbst überraschen, wie sich Ihre Stimmung im Schauen auf das Gelungene verändert. Vielleicht bemerken Sie im Blick auf die Juwelen in ihrem Leben, dass Sie zu lächeln beginnen.
Viktor Frankl hält in seinen Thesen zur Person fest, dass jeder Mensch einmalig und einzigartig ist. Spontan sagen zu dieser Feststellung die meisten Menschen ja. Erneut lohnt sich das Nachdenken. Was macht mich einmalig? Vielleicht die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden? Oder Zeit mit mir selbst zu verbringen? Hier könnten wir eine Fülle von Dingen aufzählen. Es geht nicht darum, in einer Liste von Möglichkeiten, die eigene Einmaligkeit zu entdecken, sondern um hinein zuspüren in das eigenen Innere.
Wer nicht weiß, welches einmalige Talent er oder sie hat, kann es auch nicht beleben. Diese besonderen Fähigkeiten erkennen wir meistens daran, dass wir nicht fragen: Was habe ich davon. Unsere Einmaligkeit will gelebt werden und dies ohne den absichtsvollen Blick auf das Ergebnis.
Seit vielen Jahren wird von einigen Seiten die „Coolness“ als erstrebenswert propagiert. „Coolness“ bedeutet Kälte. Falls Sie die Anregung auf Ihre volle Scheune zu schauen aufgenommen haben, werden nicht die Momente aufgetaucht sein, in denen Sie besonders „cool“ gewesen sind. Vermutlich waren die Erinnerungen von jenen Zeiten geprägt, die Ihr Herz erwärmt haben und in denen Sie sich leidenschaftlich engagiert haben. Das Leben persönlich nehmen bedeutet, einiges zu wagen und persönlich für Wertvolles einzustehen – obwohl dies nie allen gefallen wird.
„Wenn man einen Fehler zugibt, ist man vielleicht etwas weiser, als zu der Zeit, als man ihn beging.“ Dieser Gedanke stammt aus einer Rede von Robert Kennedy, dem ehemaligen Justizminister der USA. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass es immer unsichere und ungewisse Zeiten gegeben hat. Momentan nehmen wir Ungewissheit intensiver wahr als vor der Pandemie und vor den Kriegen, welche ständig in den Nachrichten präsent sind.
Ungewissheit ist eine Einladung, unsere kreativen Gedanken und unsere schöpferische Energie für ein Miteinander einzusetzen, welches vom Dialog geprägt ist. Nicht „Ich habe Recht“ und „Du liegst falsch“, sondern vielleicht begegen wir einander in unseren unterschiedlichen Ansichten.
Es fordert heraus und es ist anstrengend, dem Wachsen und Werden von Menschlichkeit Zeit und Raum zu widmen.
Zurückschauen ist wesentlich. Zurückschauen heißt nicht, in den alten Rahmenbedingungen hängen zu bleiben oder einen Schuldigen zu suchen, warum etwas nicht gelungen ist. Zurückschauen bedeutet: Wahrnehmen, ohne sofort zu urteilen, was gut und was weniger gut gewesen ist.
Richard von Weizsäcker sagte in seiner berühmten Rede im Mai 1985: „Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen. Das kann man gar nicht. Sie läßt sich ja nicht nachträglich ändern oder ungeschehen machen. Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“
Unsere Zukunft mag außerhalb unserer Blickweite liegen, aber sie ist nicht gänzlich außerhalb unseres Einflusses. In einem Vortrag hat Viktor Frankl gesagt: „Die Werte, die ich heute nicht lebe, sind das Loch, in das ich morgen falle.“ Was könnte dies bedeuten? Falls ich heute vergessen sollte, einem lieben Menschen zum Geburtstag zu gratulieren, falle ich morgen nicht in ein Loch, sondern hole morgen die guten Wünsche nach.
Doch es gibt Werte, die haben ein Ablaufdatum. Dabei geht es nicht um den konkreten Tag, sondern um eine Zeitspanne, die länger dauern kann. Nehme ich mir für das, was mich das Leben immer wieder fragt keine Zeit, könnte es sein, dass ich aus dem Loch der Komfortzone nicht mehr herausfinde.
Die Frage, die das Leben wohl jeder und jedem das Leben stellt, lautet: Wofür willst du leben? Nehmen wir dieses Wofür ernst, dann finden wir darin auch das Sinnvolle, das uns erfüllt.
Die vierte Woche geht zu Ende und sie endet mit einer Frage von Erasmus von Rotterdam
„Am Ende stellt sich die Frage: Was hast du aus deinem Leben gemacht?
Was du dann wünschst, getan zu haben, das tue jetzt!“
WOCHE 3
Sinnvolles zum Nachdenken
„Irgendwie muss es eigentlich auch noch angesichts der tragischen Aspekte unseres Daseins
die Möglichkeit geben, „to make the best of it“, wie es so schön im Englischen heißt, also das Beste daraus zu machen:
„Das Beste“ jedoch heißt auf lateinisch „Optimum“,
und jetzt verstehen Sie, wie ich auf den Ausdruck tragischer Optimismus gekommen bin.“
Viktor E. Frankl
Als Kind lernt man fast täglich etwas Neues. Wir Erwachsenen vergessen manchmal, dass wir dazulernen und uns entwickeln können. In schwierigen Lebenslagen könnten wir „to make the best of it“ üben. Wenn wir als Kind immer gleich aufgegeben hätten, wo wären wir gelandet? Was wäre die Welt ohne diesen „kindlichen“ Entdeckergeist. Die größten Entdeckungen wären ohne das Scheitern nicht möglich gewesen. Trotz Enttäuschungen, trotz Niederlagen das „Optimum“ in der jeweiligen Situation beleben. Das ist doch eine wunderbare Möglichkeit.
„Lernen und erkennen. Sind dies nicht die großartigsten Möglichkeiten eines Menschenlebens? Wären nicht auch Sie – ganz spontan – gewillt zu sagen: JA! Das ist es! Das wäre es?“
Diese Erkenntnis stammt von Erika Pluhar, die heute ihren 85. Geburtstag feiert.
Vor dem Optimismus kommt bei Viktor Frankl die Tragik ins Spiel: „tragischer Optimismus“. Tragik kommt von Tragödie aus dem Griechischen und zur Tragödie gehören das Schicksal und das Leid. Diesen beiden – nicht zu vermeidenden – Themen in unserem Leben haben wir uns in den letzten Wochen gewidmet. Für lebensübliche Belastungen, die nicht das Leben bedrohen, sondern unsere Komfortzone, brauchen wir Frustrationstoleranz und heitere Gelassenheit.
Den tragischen Optimismus brauchen wir, wenn das Leben selbst bedroht ist . . . wodurch auch immer. Wesentlich ist, dass wir einen Grund finden, um hoffen zu können und Freude an der Welt haben, auch wenn sie ist, wie sie ist.
Gelassenheit und Heiterkeit sind für das Alltägliche wesentliche Eigenschaften, um den Problemen und Problemchen entgegentreten zu können. Beides erfordert viel Übung. Es gibt Menschen, die können unglaublich gut Witze erzählen und sorgen auf diese Weise für Heiterkeit. Andere nehmen nichts tragisch. Dies ist nicht jeder und jedem gegeben.
Da jeder Mensch einmalig und einzigartig ist, könnten wir jene, mit denen wir uns „schwertun“ zum Üben der Gelassenheit nehmen. Keinen einzigartigen Menschen, der uns begegnet, können wir ändern. Ändern können wir nur unsere Einstellung, wie wir ihm begegnen. Heitere Gelassenheit im Alltag fordert von uns sowohl aktives Tun als auch passives Genießen.
„Das heilige Nichttun bedeutet nicht, dass alles von selbst geht.“ Martin Schleske schreibt diesen Gedanken in seinem Buch „Herztöne, Lauschen auf den Klang des Lebens“:
Wie klingt für Sie diese Einladung zum heilenden Nichttun? Welcher Gedanke drängt sich als erster auf? Neugier: Wie ist dies möglich? Oder Ablehnung: „Das geht gar nicht!“ Nichttun bedeutet keineswegs „nichts tun“. Das Nichttun kann auf das „s“ im Nichtstun verzichten. Lassen wir uns von der Kreativität inspirieren. Wofür könnte das „s“ stehen? Worauf könnten wir verzichten: auf Sorgen, auf Schnelligkeit, auf Sensationen, auf Selbstquälerei und Selbstanklage. Das Nichttun stärkt unsere Ehrfurcht vor dem Leben, die Geduld, das Warten-Können und vor allem das Vertrauen.
Nichttun ist eine Einladung, sich einer bestimmten Sache zu widmen, in ihr zu versinken, ohne ständig daran zu denken, was dabei herauskommen soll.
Orientierungslosigkeit erleben derzeit einige und die Sehnsucht nach einem Rezept, welches das geplante Ergebnis garantiert, ist groß. Doch es gibt keines, das für jede und jeden geeignet ist.
Ein Sprichwort aus Afrika sagt: „Wenn du nicht mehr weißt, wohin du gehen sollst, halte inne und schaue zurück, woher du gekommen bist.“ In dieser persönlichen Rückschau, die eigenen vollen Scheunen – wie Viktor Frankl dies nennt – zu betrachten, lohnt sich. Besonders dann, wenn Sie sich jenen Erlebnissen in ihrem Leben widmen, die sie noch immer erfreuen. Viel Freude beim Entdecken sogenannter „magic moments“. Wir sind überzeugt, dass jede und jeder einige von diesen Edelsteinen im eigenen Leben finden wird.
„Effektivität“ . . . „Ziele festlegen“ . . . „Loslassen“ . . . Die Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. wählte den Begriff „Krisenmodus“ zum Wort des Jahres 2023. Auf dem zweiten Platz landete „Antisemitismus“ und auf dem dritten „leseunfähig“. Meistens ist uns nicht bewusst, wie sehr Begriffe unser Denken formen.
Die Hirnforscher informieren uns bereits seit dreißig Jahren, dass unser Gehirn sich so entwickelt, wie wir es benützen. Gerald Hüther schreibt in seiner „Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn“: „Zwar besitzt jeder Mensch ein besonderes, nur ihm eigenes Gehirn, das von Anfang an mit ganz bestimmten Schwächen und mit ganz bestimmten Begabungen ausgestattet ist. Was aber im Lauf des Lebens aus diesen Anlagen wird, ob bestimmte Schwächen ausgeglichen oder noch weiter verstärkt und ob bestimmte Begabungen entfaltet oder aber unterdrückt werden, hängt davon ab, wie und wofür man sein Gehirn benutzt.“
Wie wäre es, wenn wir unser Gehirn dazu benützen, uns mehr dem Vertrauen und der Zuversicht zu widmen? Ja? !!!
Dann bekommen wir ein Gehirn, das zuversichtlich ist und vertrauen gelernt hat. Bis morgen wird es noch nicht gelingen, aber bald . . . .
Die dritte Woche geht zu Ende und sie endet mit einer sehr logotherapeutischen Frage:
Wofür möchten Sie sich Zeit nehmen?
Nein, bitte kein Ziel definieren, was dabei am Ende dieses Zeit-Nehmens herauskommen soll. Denken Sie nicht an rentabel oder nützlich.
Wofür möchten Sie sich Zeit nehmen?
Einfach weil es schön ist, dies oder jenes zu tun, was Sie freut.
Vielleicht rufen Sie jemanden an, den Sie schon lange nicht mehr gehört haben oder schreiben ihr oder ihm eine fröhliche Karte: Ich denk an Dich!
WOCHE 2
Sinnvolles zum Nachdenken
„Es kann jedoch nicht genug hervorgehoben werden,
dass das Leiden keineswegs notwendig, um einen Sinn zu erfüllen,
wenn auch sehr wohl gilt,
dass die Erfüllung eines Sinnes möglich ist trotz eines Leidens,
vorausgesetzt, dass das Leiden unvermeidlich ist.“
Viktor E. Frankl
Die Antwort ist einfach und schwer zugleich: „Ja!“ Wir alle erleben auf unterschiedliche Weise Missgeschicke, Niederlagen und Leid. Herausforderungen, welche den einen verzweifeln lassen, bewältigt eine andere mit erstaunlichem Durchhaltevermögen. In einer Gesellschaft, in der die Komfortzone als erstrebenswerter Zustand gilt, klingt es unvorstellbar, dass ein Mensch sinnvoll leben kann, obwohl er die Komfortzone längst verlassen hat.
Leiden selbst hat keinen Sinn. Der Sinn liegt nicht im Warum, sondern im Wie. Nehmen wir als Beispiel eine schwere Krankheit. Wie ein Mensch Krankheit und Schicksalsschläge bewältigt, darin liegt – so Viktor Frankl – der Sinn. Der „Umgang“ und die damit verbundene Einstellung dazu ist sinnvoll. Schmerzen erleiden, Gewohntes nicht mehr bewältigen können und akzeptieren, dass die Kraft für heute nicht reicht, fordert heraus. Manche Menschen erleben solche Zeiten und sie zu ertragen ist und bleibt schwer. Manchmal können Betroffene erst im Rückblick Tröstliches entdecken.
Wir alle machen Erfahrungen, mit denen wir nicht rechnen. Ein Missgeschick, eine Niederlage oder ein Unglück sind – sofern man das Leben als Ganzes betrachtet – nicht vermeidbar. Doch viel zu schnell beginnt die Suche nach dem Schuldigen oder die Frage: Womit habe ich „das“ verdient? Wir sollten uns dringend von der Sichtweise verabschieden, im Leid eine „Strafe“ für Fehler zu sehen. Das Leben bestraft und belohnt nicht, es fordert heraus.
Es gibt keine Garantie, dass Pläne und Vorhaben gelingen. Auch intensives Bemühen ist keine Garantie für Glück. Wer jedoch in jedem Misslingen, den Verdacht wittert, dass ein Übelmeinender hinter dem Misslungenen steckt, vergiftet die Stimmung und das Miteinander. Ob etwas gelingt, wissen wir nicht und deshalb sollten wir auch die Möglichkeit zulassen, dass einiges misslingen wird. Wir sollten uns selbst und anderen zumuten: „Ich kann heute nicht“. Für heute ist die Akzeptanz „nicht mehr zu können“ genug. Morgen beginnt ein neuer Tag.
„Man kann sein Leben bereichern, indem man Erfahrungen sammelt.“ Dieser Gedanke von Viktor Frankl lädt zum Innehalten und zum Entdecken der einer Lebenskunst ein, die nicht ausschließlich auf Erfolg fixiert ist. Sich selbst nicht ausschließlich durch Leistung zu rechtfertigen hat viel mit der Erfahrung zu tun, dass wir Zeiten der Muse dringend nötig haben. Dies gilt vor allem dann, wenn man nur mehr das sieht, was noch nicht erledigt ist und nie das, was schon bewältigt ist.
Nach menschlichen Beziehungen, nach Verständnis sehnen wir uns besonders dann, wenn wir mit Leidvollem konfrontiert werden. Zuhören und Verstehen ist hilfreicher als jeder noch so gut gemeinte Rat. Es ist das Vertrauen, welches Freundschaften prägt und das gemeinsame Lachen, obwohl es im Moment nichts gibt, was lustig ist. Die echte Freundschaft setzt unserer Besserwisserei Grenzen und das tut gut. Man muss nicht das gleiche Leid durchmachen, um dem Leidenden zu helfen. Ein Wort, ein Händedruck, ein Blick reicht für den Anfang. Dasein und Zeit haben und das alles, ohne ein bestimmtes Ergebnis zu erwarten.
Die zweite Woche geht zu Ende und sie endet mit einer Frage, die Sie auch FreundInnen, Bekannten oder Verwandten stellen können:
Auf welche Weise könnte ich mein Leben zu einem Kunstwerk machen?
WOCHE 1
Sinnvolles zum Nachdenken
„Das Schicksal gehört zum Menschen, wie der Boden, an den ihn die Schwerkraft fesselt, ohne die aber das Gehen unmöglich wäre. Zu unserem Schicksal haben wir zu stehen, wie zu dem Boden, auf dem wir stehen
– ein Boden, der das Sprungbrett für unsere Freiheit ist.“
Viktor E. Frankl
Zum Schicksalhaften gehört auch das Vergangene, jene Erlebnisse, die ich nicht mehr verändern kann. Das Sprungbrett für meine Freiheit liegt in meiner Sichtweise. Verändern kann ich meine Einstellung zu dem, was unabänderlich ist – das Geschehen selbst lässt sich nicht verändern. Veränderung beginnt mit der Möglichkeit, neue Gedanken zu denken.
Enttäuschungen, die geschehen sind, kann ich nicht aus meinem Leben streichen, doch ich muss mich auch nicht ständig darüber empören. Manchmal ist es heilsam, die Narben zu betrachten, welche uns an die Wunden erinnern, die andere mir und ich anderen zugefügt habe. Vielleicht habe ich mir eine andere Art von Verhalten angeeignet? Dies geschieht meistens dann, wenn ich den Schmerz zulasse und die Schuld für das Geschehen nicht bei anderen suche.
Durch das Aufschreiben oder Erzählen können sich Erlebnisse in Geschichten verwandeln.
Peter Bieri schrieb einmal: „Fortschritt wäre das Entwickeln und Erfinden immer neuer Beschreibungen unseres Lebens, die uns helfen, uns und unsere Beziehungen zu den anderen fortzuentwickeln.“
Das Leben ist ein Geheimnis und ich werde niemals alles verstehen. Dennoch kann ich mich bemühen, bestimmte Situationen in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Alleine ist dies ziemlich schwierig. Die Frage: „Wie siehst du das?“ wäre eine gute Möglichkeit, die Sichtweise anderer kennenzulernen.
„Ein vernünftiger Blickwinkel ist tatsächlich die Grundlage für Freude und Glück, denn so, wie wir die Welt sehen, erleben wir sie auch. Wenn wir unsere Perspektive verändern, erfahren wir die Welt auch anders und handeln anders, was umgekehrt die Welt verändert.“ Dieser Gedanke stammt aus einem Gespräch zwischen dem Dalai Lama und Desmond Tutu: „Das Buch der Freude“.
Mit etwas Übung ist es möglich, den Blickwinkel zu ändern, doch dies braucht Zeit und jene Fähigkeit, sich gegenüber zu treten. Viktor Frankl hat dies als Selbstdistanzierung bezeichnet. Der Humor spielt dabei eine wesentliche Rolle und so könnte ich mich fragen: „Muss ich mir alles von mir gefallen lassen?“
Die erste Woche geht zu Ende und sie endet mit einer Frage, die Sie auch FreundInnen, Bekannten oder Verwandten stellen können:
Wann haben Sie zum letzten Mal über ein wichtiges Thema Ihre Meinung geändert und warum?