Monatsgedanken

September 2024



Lebensfragen nehmen wir meistens dann am deutlichsten wahr, wenn das Leben unsere Planung stoppt. Dieses Gestoppt-Werden ist meistens eine sehr deutliche Aufforderung nicht nur anzuhalten, sondern auch innezuhalten. Es gibt äußere Einflüsse, die uns stoppen und sehr lebendige, welche den einzelnen ganz persönlich treffen und betreffen. Ein äußerer Einfluss kann z. B. die Wetterlage sein, die eine Bergtour oder das Schwimmen im See unmöglich macht. Unser Körper will mit Fieber und einem grippalen Infekt ins Bett.

Läuft alles so, wie wir es gewohnt sind, spielt uns das Leben eine Vielfalt von Bällen zu. In dieser Situation fällt uns aufgrund der unzähligen Möglichkeiten die Wahl gar nicht so leicht. „Die Freiheit liegt in der Wahl!“ Dieser Gedanke von Max Frisch macht uns aufmerksam, dass Freiheit herausfordernd ist.

Gelingt uns etwas gut, dann könnten wir das mit einem Tor beim Fußball vergleichen. Es gibt Mannschaften, die gewinnen oft, aber sie gewinnen nicht immer. Manchmal zeigt uns das Leben, dass wir von ihm abhängig sind und schießt ein Tor. Es gibt Bälle, die sich nicht fangen lassen. Landet der Ball im Tor, können wir den Ball, der in unserem Tor, in unserem Leben gelandet ist, herausholen. Es beginnt ein neues Spiel und die Erfahrungen, die wir gemacht haben, nehmen wir mit ins Spiel unseres Lebens.

Erich Kästner meint dazu: Keiner kann die Mutfrage beantworten, bevor die Zumutung an ihn herantritt.




Im Juni 1983 sprach Viktor Frankl in einem Vortrag in Regensburg von einem „tragischer Optimismus“. Wesentlich für uns alle ist, dass wir zwischen lebensüblichen Belastungen und außergewöhnlichen Schicksalsschlägen unterscheiden. Um alltägliche Herausforderungen zu bewältigen, brauchen wir Frustrationstoleranz und ein gewisses Maß an Gelassenheit. Den lebensüblichen Belastungen können wir am besten mit Humor und Heiterkeit begegnen. Die Frustrationstoleranz können wir auch zu den Einstellungswerten zählen, aber sie treffen uns nicht mit jener Wucht, mit der das Schicksal zuschlägt.
Diese Unterscheidung ist so wesentlich, denn sonst geschieht hier eine dramatische Verwechslung mit fatalen Auswirkungen für jene, die das Schicksal beutelt.

Die oft zitierte Ermutigung von Viktor Frankl: „Ich muss mir von mir nicht alles gefallen lassen“ betrifft den Umgang mit Enttäuschungen und Ärger, um nicht aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Doch das „nicht gefallen lassen“ endet dort, wo der Körper Signale sendet, die nicht mit einer positiven Lebenseinstellung zu bekämpfen sind, da sonst das Leben selbst gefährdet ist. Im Angesicht von unerträglichen Schmerzen braucht es professionelle Hilfe und vor allem die Pharmazie. Dann ist vielleicht ein tragischer Optimismus möglich, aber nur vielleicht.


Das Kennzeichen der Tragik ist, dass wir Tatsachen nicht ändern können. Wir können sie nur ertragen und uns gegenseitig ermutigen, dass wieder bessere Zeiten kommen werden.



Am 31. August 2024 erschien in der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT, ein Interview mit Wolfgang Thierse, dem ehemaligen Bundestagspräsidenten. Aus diesem Interview stammt das obige Zitat.


Das Leben fragt uns in Österreich am 29. September bei der Nationalratswahl nach unserer Wählerstimme. Manche haben die Vorstellung, dass der Staat, in unserem Fall die Demokratie und deren Politiker*innen dazu da sind, Wünsche zu erfüllen.


Demokratie lebt nicht von Wunschvorstellungen, sondern von der Einsicht, wie gefährlich Ideologien sein können. Demokratie erlaubt leere Versprechungen und von den Sprücheklopfern lassen sich viele blenden.
Eine Partei, welche die Würde des Menschen nicht achtet, befindet sich nicht am Rand der Demokratie, sondern außerhalb der Demokratie, weil sie die Würde des Menschen mit Füßen tritt.

Auf der Homepage von Daniela Ingruber gibt es einen lesenswerten Artikel zur Demokratie.

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