Monatsgedanken

Mai 2023

Jede und jeder bewältigt den persönlichen Alltag auf eigene Weise, mal leichter, mal schwerer, mal mit Frust, mal mit Begeisterung. Die Fülle der Aufgaben lässt vielen keinen Raum für ermutigende und sinnvolle Inspiration. Die Informationen gleichen einem Tsunami, der auch Menschen erreicht, die nicht stündlich Nachrichten hören oder täglich die „Zeit im Bild“ sehen. Was wir hören ist für viele belastend und die Belastung wird wahrgenommen, ohne etwas verändern zu können.

Wir möchten mit dieser neuen Homepage einen Raum eröffnen, der jeder und jedem frei zugänglich ist. Wir alle haben Inspiration nötig, die ermutigt und zuversichtlich stimmt. Ein Rezept, wie Zuversicht gelingen kann, gibt es nicht.

Wer interessiert ist, kann sich selbst fragen:
Welche Inspiration tut mir gut und regt mich zum eigenen Fühlen und Denken an?
Wer oder was ermutigt und stärkt mich?


Ziemlich oft ist es der Blick auf die eigene Vergangenheit, in der alle Freuden und Schwierigkeiten unverlierbar geborgen sind. Doch wir könnten auch aus der Geschichte lernen, dann könnten wir dem Gedanken von Ingeborg Bachmann widersprechen: Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler.

Der Blick auf die Geschichte liegt – besonders im Mai – nahe. Vor 78 Jahren endete am 8. Mai der Zweite Weltkrieg und 10. Dezember 1948 gab es zum ersten Mal in der Geschichte die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. Ganz im Sinne von Friedrich Hölderlin ist aus der Gefahr das Rettende gewachsen.

Am 10. Mai 2023 jährt sich zum neunzigsten Mal der Tag, an dem in Deutschland Bücher verbrannt wurden.

Erich Kästner* schrieb: „Eine Gedenkstunde soll eine Gedächtnis-Übung sein, und noch etwas mehr. Was hülfe es, wenn sie nur der Erinnerung an arge Zeiten diente, nicht aber der Erinnerung an unser eigenes Verhalten?“

Vermutlich würden einige – oder doch viele? – zustimmen, dass sich in unserer Gesellschaft einiges verfinstert: Die Ausdrucksweise, die Ungeniertheit Menschen zu verunglimpfen und eine Bequemlichkeit, die überwiegend um das eigene Wohlbefinden kreist. Vielleicht liegt einer der Gründe in einer unberührbaren Frustration, die an nichts mehr Interesse zu haben scheint, außer genügend Freizeit zu haben und sich diese auch leisten zu können. Vielleicht fragen Sie sich, was soll an diesen Zeilen ermutigend sein? Ermutigung ist immer eine Herausforderung und keine Einladung zu einem Kindergeburtstag.

Noch einmal Erich Kästner*: „Warum erzähle ich das? Weil, immer wenn von der Vergangenheit gesprochen wird, auch von der Zukunft die Rede ist. Weil keiner unter uns und überhaupt niemand die Mutfrage beantworten kann, bevor die Zumutung an ihn herantritt.“



Beginnen wir bei uns, bei unserer Bereitschaft über den Tellerrand hinauszuschauen und uns bewusst zu machen, dass wir – hier in Mitteleuropa, in Österreich, in Tirol – ein „historisches Zeitfenster“ erlebt haben. Armin Wolf hat diesen Begriff beim Podcast der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT „Alles gesagt“ verwendet.

Wir erlebten die besten Jahre der Weltgeschichte in Freiheit und Wohlstand und jetzt kann jede und jeder seinen Teil beitragen, falls er die „Zumutung, die an ihn herantritt“ wahrnimmt und diese nicht um der Harmonie willen verschweigt.


* Zitate von Erich Kästner © by Atrium Verlag AG, Zürich, 2012, und Thomas Kästner aus dem Buch „Über das Verbrennen von Büchern“


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