Beiträge mit Sinn

Plädoyer für eine lebendige Leichtigkeit

Wir können vieles mit Leichtigkeit bewältigen, wenn wir das Leben, mit seiner inneren Lebendigkeit in uns wahrnehmen. Lebendigkeit spüren wir körperlich und seelisch.

Es mag erstaunen zur körperlichen Lebendigkeit gehört auch der Schmerz, der manchmal so unerträglich werden kann, dass man erstarrt. Diese Erstarrung ist ein Ausdruck der somatischen Marker, der Körpersignale, wie sie Antonio Damasio beschrieben hat. Körperliche und seelische Schmerzen können einen Menschen umzingeln, dass er sich nur noch einigeln will.



Lebendige Leichtigkeit hat viel mit der Innentemperatur der Seele zu tun.
Wie wir die Welt im Außen wahrnehmen – bewegt die Seele und umgekehrt. Wir können nur von uns in die Welt schauen und überall, wohin wir gehen, wir nehmen uns immer selbst mit. Auf diese Weise begleitet uns auch die Stimmung, die in uns herrscht und diese kann ziemlich hartnäckig sein.

Auch bei einer Geburtstagsfeier sitze ich mit meiner Stimmung am Tisch. Wie geht es mir, wenn andere feiern und ich mich nicht mitfreuen kann? Die Innentemperatur hat mehr Einfluss auf ein Konzert, das ich besuche. Die Musik kann noch so fröhlich und beschwingt sein, wenn in der Innentemperatur meiner Seele der Frost regiert, wird Freude schwer möglich sein.

Wir werden uns auch in der Natur nicht los, wir nehmen uns immer mit. Dennoch brauchen wir Zeit, um über uns nachzudenken. Seit mehr als dreißig Jahren informiert uns die Hirnforschung, dass nicht nur der Verstand sondern auch das Gefühl in unserem Gehirn eine wesentliche Rolle spielt. Dennoch versuchen viele noch immer, ihre Empfindungen und Emotionen mit dem Verstand im Zaum zu halten.


Viel zu oft macht man die Bedingungen im Außen für die Innentemperatur verantwortlich. Sich Zeit zu nehmen und sich zu stimmen lohnt sich. Daimonion hat Sokrates die innere Stimme genannt, die ihn gewarnt hat, wenn er eine falsche Entscheidung getroffen hat.
In dem Buch „Erinnerungen an Marion Dönhoff“ schildert Friedrich Dönhoff ein Gespräch mit seiner Tante.
„Aber wie denkst du über deinen Schutzengel, wenn Dinge mal nicht so laufen, wie du es gerne hättest?“
„Dann sage ich mir: Ich irre mich. Ich bin auf dem falschen Weg, und mein Schutzengel hat mir das gezeigt. Ich würde mir immer sagen, der Schutzengel hat Recht.“
„Und wie bist du zu deinem gekommen? Oder ist er zu dir gekommen?
„Weiß man nicht, ist beides möglich.“
„Hast du denn auch in guten Zeiten an deinen Schutzengel gedacht?
„Doch, da danke ich ihm.“
„Also er wird nie vergessen!“
„Nein, nie!“




Lebendige Leichtigkeit . . . mein Bedeutungsraum
Die Leichtigkeit geht oft dort verloren, wo vorgeschriebene Pläne akribisch eingehalten werden und das Vertrauen ins Leben selbst weniger wird oder sogar verschwindet. Dort wo äußere Taktgeber mehr zu sagen haben, als der innere Rhythmus wird es eng und ich verliere meinen Bedeutungsraum und damit meine geistige Lebendigkeit.

Geistige Lebendigkeit kann durch einen körperlichen Stopp angefeuert oder ausgelöscht werden. Lebendigkeit – trotz körperlicher Einschränkungen – ist eine wunderbare Sache, doch einfach ist dies nicht und Rezept gibt es dafür keines. Das Schwierigste ist die Akzeptanz, wenn der Körper nicht mehr so will, wie man es gewohnt gewesen ist. Diese Akzeptanz löst Betroffenheit und Traurigkeit aus und verzweifelte Stunden sind mehr als verständlich. Manchmal bleibt einem nichts übrig als für eine gewisse Zeit zu erstarren.
Innere Lebendigkeit ist nicht mit einem Schrittzähler messbar. Dennoch ist sie spürbar. Der Wechsel zwischen Aktivität und Passivität gehört zu unserem Leben und je mehr wir die Aktivität zum bedingungslos erreichbaren Ziel erklären, verschwindet die innere Lebendigkeit.





Lebendige Leichtigkeit braucht eine Struktur
Wie hilfreich eine gute Struktur ist, könnten wir von Werner Heisenberg lernen. Der Nobelpreisträger für Physik verbrachte längere Zeit auf der Insel Helgoland. Er widmete jeweils ein Drittel des Tages zum Arbeiten an der Quantenphysik, zum Klettern in den Felsen von Helgoland und zum Auswendiglernen von Goethes Faust.
Eine sehenswerte Dokumentation über Werner Heisenberg gibt es auf youtube.

Je mehr es einem um eine bestimmte Sache geht, um so weniger wird sich Leichtigkeit einstellen. Bestimmte Ziele zu erreichen ist eine gute Sache, doch nur solange bis sich das Ziel in ein Prinzip verwandelt, welches um jeden Preis einzuhalten ist, Dann beginnt das Ziel zu tyrannisieren und es stimmt, auch Werte können tyrannisieren, wenn sie um jeden Preis erfüllt werden müssen.


Scroll to Top