Beiträge mit Sinn

Dem Sinn Leben schenken

Den Sinn des Daseins erfüllen wir mit Sinn – allemal dadurch, dass wir Werte verwirklichen.
Viktor E. Frankl

Manchmal kommt es auf die persönliche Sichtweise an,
wenn Bedingungen nicht verändert werden können.
Doch die Schwerkraft der Erde können wir nicht verändern. Wer die Erde von oben sehen möchte, braucht ein flugtaugliches Gerät, wie zum Beispiel ein Paraglider.

Wer seinem Leben Sinn schenken möchte, braucht Interesse und ein gesundes Maß an Realitätsbewusstsein. Also die Erkenntnis, dass sich nicht alles, was wir denken und planen auch in Handlungen umsetzen lässt. Ausschließlich auf den Verstand reduzierte Vorstellungen sind immer ein wenig verzerrt, da sie auf Erwartungen ausgerichtet sind und das tatsächlich Mögliche übersehen.

Ein Beispiel dazu: In Gedanken packen wir den Tag manchmal übermäßig voll und sind am Abend enttäuscht oder frustriert, weil wir das Geplante nicht erreicht haben. In Gedanken können wir die begrenzte Belastbarkeit unseres Körpers vergessen, doch der Körper meldet sich, wenn es ihm zu viel wird.

Das Bemühen, im eigenen Leben Sinn zu finden, gewinnt meistens dann Aktualität, wenn körperliche Erschöpfung und seelisches Unbehagen zunehmen. Das geschieht in privaten und beruflichen Bereichen dann, wenn Prinzipien und Normen höher im Kurs stehen als das Ja zum eigenen Leben.

„Das Leben fragt und wir antworten“, so lautet ein Grundsatz der Sinnlehre von Viktor E. Frankl. Was jede und jeden einzelnen das Leben fragt, kann kein anderer beantworten. Eines ist gewiss, das Leben fragt uns nicht nur nach angenehmen Tagen, sondern fordert uns in schwierigen Zeiten heraus.

Wer sein Leben selbstbestimmt leben möchte, braucht Vertrauen, Mut und Frustrationstoleranz. Vertrauen in das persönliche Empfinden und in eigene Ideen, Mut sich selbst und seine Ideen ernstzunehmen und umzusetzen, bevor Unkraut darüber wächst und Frustrationstoleranz, weil niemals alles gelingen wird, was man sich vorgenommen hat.

Sinn lässt sich nicht verordnen und Erfahrungen können wir nicht denken, sondern nur erleben. „Beschriebene Musik ist wie erzähltes Mittagessen“, meinte Franz Grillparzer.

Eine hilfreiche Anregung auf dem Weg zum Sinn ist die Fähigkeiten Leistung und Genuss zu unterscheiden. In der Logotherapie verwenden wir die Begriffe „schöpferische Werte“ für Leistung und „Erlebniswerte“ für Genuss.
Im Wert der Arbeit können Menschen Sinn finden. Natürlich steckt nicht in jeder Tätigkeit das ultimative Sinnerlebnis. Unliebsame Erledigungen, die wenig Sinnerfüllung bieten, gibt es in jedem Beruf. Schwierig wird es dort, wo bereits am Morgen hartnäckige Übellaunigkeit den Tag bestimmt.


Taucht der Wunsch auf, andere mögen endlich sehen, was man alles tut, dann ist es höchste Zeit, innezuhalten und sich selbst zu fragen: Will ich „so“ leben?
Vielleicht könnte ich selbst etwas ändern? Manchmal ist es höchste Zeit, Nein zu fremden Forderungen und dafür zu persönlichen Herausforderungen ein freudiges Ja zu sagen.

Theodore Zeldin stellt in seinem Buch „Gut Leben – Ein Kompass der Lebenskunst“ spannende Fragen. Eine davon lautet: Welche neuen Prioritäten können wir in unserem Privatleben setzen?
Wer Theodore Zeldin in einem Gespräch mit Barbara Bleisch in den „Sternstunden der Philosophie“ zuhören möchte, hier ist der Link: https://www.youtube.com/watch?v=CcwrWPQdfuk Das Gespräch mit Herrn Zeldin beginnt bei ca. 31.00

1974 hielt Viktor E. Frankl einen Vortrag „Der Mensch und seine Ängste.“ Am Ende seiner lebendigen Ausführungen erzählt er, was er selbst auf die Frage geantwortet hat, die ihm ein Mensch gestellt hat, dem die Psychoanalyse von Sigmund vertraut gewesen ist.
„Bitte, Herr Frankl erklären Sie mir in einem Satz den Unterschied zwischen Psychoanalyse und Ihrer Logotherapie?“
Viktor Frankl sagte, er ist gerne bereit ihm seine Frage zu beantworten, doch vorher möge er ihm in einem Satz erklären, was Psychoanalyse ist.
„Bei der Pyschoanalyse muss sich ein Mensch auf eine Couch legen und Sachen sagen, die für ihn unangenehm zu sagen sind.“
Viktor Frankl erwiderte sehr spontan: „Sehen Sie, in der Logotherapie dürfen Sie sitzenbleiben, müssen sich aber Dinge anhören, die unangehmen zu hören sind.“



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