Wo aber die Gefahr ist, da wächst das Rettende auch.
Friedrich Hölderlin
Diesen Monatsgedanken hat Inge Patsch geschrieben.
Was löst der Gedanke nach dem Rettenden in Ihnen aus? Neugier oder eher Unverständnis? Eine Einladung zum Nachdenken oder so ein Schmarrn? Niemand muss den Gedanken gut finden.
Der deutsche Dichter Friedrich Hölderlin ist vor 180 Jahren verstorben und in seine Lebenszeit fallen nicht nur die Napoleonischen Kriege, sondern mehrere Cholera Epidemien. Wir erleben seit mehr als drei Jahren, im Vergleich zu den Jahren zuvor, spürbare Veränderungen unserer gewohnten Lebensbedingungen. Vieles, was als selbstverständlich gegolten hat, ist nicht mehr selbstverständlich.
Einige Beispiele des Alltäglichen: Aufgrund des Personalmangels bekommt man Termine beim Frisör nicht für den nächsten Tag und Reservierungen in einem Restaurant verlangen eine sehr rechtzeitige Planung. Kurz gesagt: für das gewohnte Rundum-Service stehen nicht mehr ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung. Das trifft nicht nur jene, welche die Dienstleistung an Anspruch nehmen, sondern vor allem jene, welche die Fülle an Arbeit bewältigen sollen.
Vielleicht beginnt das Rettende in unserem Alltag mit mehr Verständnis für jene, die uns bedienen und sich bemühen unsere Ansprüche zu erfüllen.
Könnte es sein, dass das „Rettende“ mit der Akzeptanz jener Dinge beginnt, auf die wir keinen Einfluss haben?
Akzeptanz ist der einzige Ort,
an dem die Veränderung beginnen kann.
Wir akzeptieren die unvermeidlichen Enttäuschungen und Schicksalsschläge als Teil des Lebensgewebes.“
Manchmal bricht das Leben schicksalhaft über uns herein. Für viele beginnt dann die Frage nach der Ursache und die Suche nach einem Schuldigen. Die weitverbreitete Meinung, man sei selbst schuld, wenn man erkrankt, ist ein populärer Irrtum, denn kein Mensch ist so mächtig, dass er allein bestimmt, wie sein Leben verlaufen soll. Der Verdacht, man selbst hätte doch etwas beitragen können, nicht zu erkranken, trifft besonders jene, die mit einer Krebsdiagnose leben müssen.
Dort wo etwas als Fehler anerkannt wird, muss es einen Maßstab geben, an dem man misst, was als Fehler bewertet wird. Nur hat dieser Maßstab äußerst wenig mit der Realität zu tun. Diese Tatsache trifft besonders bei diversen Ernährungsempfehlungen zu. Auch Menschen, die sich an die Maßstäbe gesunder Ernährung halten, erkranken ebenso, wie jene, die sich keine Gedanken machen, was sie essen.
Was mag dieses Rettende sein?
Ohne besonders viel zu wissen, ist das, was „rettet“ für jede und jeden etwas Anderes. Wesentlich kommt es darauf an, was das Leben jetzt fragt.
Eine Kranke wünscht sich nicht nur einen guten Arzt, sondern Menschen, welche über ein Minimum an Einfühlungsvermögen verfügen. Einfühlungsvermögen hat mehr mit einem Innehalten zu tun als mit spontaner Aktivität. Zum Aktiven zählen auch Empfehlungen des positiven Denkens. Die Wahrnehmung, sich in die Realität des Kranken einzufühlen gleicht mehr einer Ahnung, als einem Wissen. Dieses Ahnen könnte zum Hinspüren einladen und verhindern, auf spontane Empfehlungen – wie positives Denken – zu verzichten.
Vielleicht könnte das Rettende in diesem Beispiel eine Frage sein: Kann ich etwas für dich tun?
wo alle Worte zu wenig wären,
dort ist jedes Wort zuviel.“
„Meister Kaan“, fragte sein jüngster Schüler, „warum werden wir alt.“
„Was denkst du?“ entgegnete der Meister. „Um unser wahres Wesen zu erkennen?“ fragte der Schüler.
„Gewiss“, sagte Meister Kaan, „doch das ist nicht alles.“
„Um Schmerz zu lernen und Leid zu überwinden?“
„Gewiss, doch es gibt noch mehr.“
„Um Eitelkeit abzulegen wie auch Gram?“ fragte der Schüler.
„Gewiss, gewiss, doch es gibt mehr.“ „Werden wir alt, um unser Leben jenseits des Laufs von Sonne und Mond zu ahnen?“ fragte der Schüler.
Meister Kaan wiegte abermals den Kopf.
„Ach, Meister, bitte sage mir, was darüber hinaus?“ bat der Schüler.
„Warum werden wir Menschen alt?“
„Um zu lächeln, über uns“,
sagte Meister Kaan.
Sabine Rückert, die stellvertretende Chefredakteurin der deutschen Wochenzeitung „DIE ZEIT“ war in den „Sternstunden der Religion“ zu Gast. Im Gespräch sagt sie auf die Frage: „Was ist der wichtigste Gehalt der Bibel?“
„Diese unglaublichen Geschichten, die die Menschheit auseinandernehmen. Die größten Fehler geschehen aus der Selbstüberschätzung und da werden sie bestraft. Moses, David. Sie werden nicht von Gott bestraft, sondern vom Leben und man lernt den wunderbaren Satz: Fürchte dich nicht. Der Satz begleitet mich: Fürchte dich nicht, was anderes bleibt uns nicht übrig.“
Sabine Rückert mit Olivia Röllin in den Sternstunden der Religion im SFR